IRIS BODEMER
 ARBEITEN

 2021 / 2022
 2019 / 2020
 2017 / 2018
 2015 / 2016
 2013 / 2014
 2011 / 2012
 2009 / 2010
 2007 / 2008
 2005 / 2006
 2003 / 2004
 2001 / 2002
 1999 / 2000
 1997 / 1998

 VIDEO

 BIOGRAPHIE

 BIBLIOGRAPHIE  

 PUBLIKATIONEN  

 TEXT

 KONTAKT

 DOWNLOAD

 DATENSCHUTZ-
 ERKLÄRUNG

 IMPRESSUM

 
© 2020 Jade Kerste
© 2013 Marjan Unger
© 2013 Marjorie Simon
© 2008 Sharon Campbell
© 2008 Cornelie Holzach
© 2008 Ellen Reiben
© 2008 Fabrice Schaefer
© 2007 Judy Wagonfeld
 
METALSMITH 2007 _ Band 27 Nummer 5 _ „Reviews“ _ Seite 58

„Iris Bodemer und Maria Phillips: Sculpture becomes Jewelry“

„Spiral“ in der Grover Thurston Gallery, Seattle, Washington 2. November – 2. Dezember 2006

Von Judy Wagonfeld

Man braucht nur den Titel „Sculpture becomes Jewelry“ umzudrehen in „Jewelry becomes sculpture“, und schon bekommt man eine Ahnung von der Huhn-Ei-Dichotomie dieser von Sharon Campbell kuratierten Ausstellung. Das ist allerdings nur die erste Wahrnehmungsstufe. Die Innovationskraft der Exponate reicht weit über die Neueinordnung von Gegenständen hinaus; sie lässt durch das Verschmelzen der Begriffe „Skulptur“ und „Schmuck“ etwas Drittes entstehen, die „funktionale Installation“. Einzelne Stücke treten zugunsten der Assemblage ihre Identität ab, aber dennoch wahrt jede Brosche und jede Halskette, wenn sie entdeckt, erwählt und getragen wird, ihre Eigenheit.

Die Künstlerinnen Iris Bodemer (Pforzheim, Deutschland) und Maria Phillips (Seattle) haben sich, so scheint es, den Pioniergeist und die intellektuelle Tatkraft der verstorbenen Plastikerin Eva Hesse zu eigen gemacht. Sie thronen auf dem äußersten Zipfel eines noch unerschlossenen Landes und folgen ihrem Streben nach zusammenhängenden Mosaiken und, eingebettet darin, Zierde für den menschlichen Körper. Das Anfertigen eines einzelnen Schmuckstücks ist ein gemütlicher Spaziergang im Vergleich zu diesem hindernisreichen Pfad, aber beide Künstlerinnen schreiten mit großem Elan voran.

Bodemers Arbeiten haben ihren Ursprung im Minimalismus. Mithin unterliegt ihre Produktion strengen konzeptuellen Vorgaben. In dieser Installation „zeichnet“ Bodemer mit Flüssigkeiten oder festen Materialien auf vierundsechzig weißen Tafeln, die je ca. 18 x 24 cm groß sind. Atemberaubende halb eingelassene Broschen, gefertigt aus Edelstein-Clustern, Zufallsfunden, Leder und gewendelten, mit Bast und Wolle geknüpften Perlensträngen. Es dominiert eine eingewurzelte Rauheit, gespeist aus der Erinnerung an den in Garn eingewickelten Ring des Großvaters, den ihre Großmutter trug. Funkelnder Stein im Kontrast mit ausgeblichenem Treibholz. Eine Brosche mit Rauchquarz stellt Natur und Industrie einander gegenüber, vertreten durch Metallgefüge und Wolle.

Vereint in einem Raster entlang der Galerie im Halbgeschoss, provozieren Bodemers Arbeiten ganz unterschiedliche Reaktionen. Vom Erdgeschoss der Galerie aus betrachtet, sieht die Installation aus wie ein Quilt oder eine Abfolge abstrakter Kunstwerke . Die unregelmäßige Platzierung der Broschen an den Tafeln lässt - in einer Bildersprache, die von der Musik von John Cage inspiriert scheint - an einen Musikalienladen denken. Nachdenklich und spontan, werden in den Arbeiten Beziehungen zugleich verborgen und offenbart, die wie alle Lebensthemen bedacht und angesprochen werden wollen.
...

Wahre Stillleben in 3 D, bersten die Installationen beinahe vor Ornamentik. Chaotisch oder wohlgeordnet, asymmetrisch oder rasterhaft - sie überwinden die Kluft zwischen „Kunst“ und „tragbarer Kunst“. In der Haltung von Bittenden, die sich fragen: „Wird sie wohl mich erwählen?“, warten die Broschen darauf, dass jemand sie zum Tanz auffordert. Das Erwähltwerden bedeutet für jedes einzelne Stück, dass die Nabelschnur durchschnitten wird. Zwar wird es wohl seine Familie verlassen, aber wie im wirklichen Leben bleiben die Bande in der Erinnerung bestehen.

Bodemer und Phillips genügt das. Weltkluge Künstlerinnen, die sie sind, haben sie sich wechselseitig befruchtet und ein Reich geschaffen, das fließt. Ihre Skulptur und ihr Schmuck haben sich vermählt und eine schriftlose Sprache entstehen lassen, die Befriedigung schafft – ob an der Wand, am Körper oder im Denken.

Judy Wagonfeld lebt als freie Autorin in Seattle, Washington.