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2020 Jade Kerste
Edelsteine auf einem Sockel, verhüllte Zeichnungen aus Metalldraht, Silber mit angekratzter Oberfläche. Mit großer Meisterschaft setzt Iris Bodemer ihre Ideen in kraftvolle Schmuckkunstwerke des Nicht-zu-viel und des Nicht-zu-wenig um. Für ihre neuesten Schmuckstücke hatte sie so viele Ideen, dass sie zeitgleich an mehreren Gruppen arbeitete — bislang sind es sechs. In diesen neuen Serien begegnen wir allen Merkmalen wieder, die zu Iris Bodemers Erkennungszeichen wurden: Sie sind spielerisch, grafisch, zeichnungshaft, intuitiv und fein ausgearbeitet - und offenbaren Iris Bodemers Freude am Machen.
Die Ordnung der Steine
Edelsteine sind ein Charakteristikum von Iris Bodemers Arbeiten. Sie passt die Steine nicht an das Schmuckstück an, sondern geht von der Form des Steines aus und entwickelt daraus das Schmuckkunstwerk. Häufig weiß sie auf Anhieb, wie sie einen Stein verwenden wird, oder findet für eine bereits vorhandene Idee den perfekten Stein. Dann gilt es noch die Form des Sockels zu finden, auf dem der Stein aufliegen wird. Dieser Sockel muss den Stein entweder halten oder ein ebenbürtiger Teil des Ganzen sein. Iris Bodemer achtet darauf, dass ihre Schmuckstücke mit Steinen nicht zu gefällig oder dekorativ geraten. Sie sollen die raue Anmutung wahren, die ihrer Natur entspricht. Sie sind seltene Gesteine, die ihren Ursprung in der Erde haben. Dort haben sie sich mit einer Energie aufgeladen, die in das Schmuckstück einfließt und auf den Träger übergeht.
In der Serie Ordnung geht Iris Bodemers Liebe zu Steinen eine Verbindung mit einem Werkstoff ein, mit dem sie bislang nicht gearbeitet hat: Aluminium. Aus diesem Metall formt sie die Basis — einen Sockel, auf dem der Edelstein seine Strahlkraft entfalten kann. Das Arbeiten mit Aluminium bringt neue Herausforderungen mit sich. Da das Metall gegossen wird, muss die Gestaltungsidee genauestens durchdacht sein, weil nach dem Gießen keine Veränderungen mehr möglich sind.
Ausgangspunkt für die Serie Figur, die nur zwei Broschen umfasst, war ein in Scheiben gesägter Beryllkristall. An den winzigen Löchern im Stein, die zu seiner natürlichen Beschaffenheit gehören, lässt sich erkennen, dass die beiden Arbeiten ursprünglich ein Stein waren. Die Kristallscheiben hatten lange Zeit in einer Schublade gelegen und darauf gewartet, ihre Qualitäten in einem Schmuckkunstwerk zur Geltung bringen zu dürfen. Die Lösung überrascht: Die Steine sind an einem Spiegel befestigt, und die Löcher im transparenten Beryll werden im Spiegel reflektiert und sind deutlich zu sehen. Die Beryllstücke wurden symmetrisch auf dem Spiegel angeordnet, um die ursprüngliche Form des Kristalls sichtbar zu machen.
Komposition aus Materialien
Für die Serien Klang und Topographie verwendete Iris Bodemer das Verfahren der Galvanoplastik. Mit dieser Technik lässt sich Metall auf den thermoplastischen Kunststoff aufbringen, aus dem die Formen entwickelt wurden. Die Arbeiten der Gruppe Klang sind durchweg Collagen, bestehend aus einer Silberfläche mit einer dreidimensionalen Zeichnung aus Silberdraht. Die Drahtzeichnung scheint sich wie ein Körper unter einer Bettdecke verkriechen zu wollen, bleibt aber für uns sichtbar, weil die Thermoplastschicht ihre Form nachbildet. Daneben sind Stücke von Tigerauge oder Karneol angebracht. Auf der Fläche um die Steine sind Kratzer und Schattierungen zu erkennen — kleine Zeichnungen, die die Blickrichtung des Betrachters lenken.
In den Arbeiten der Gruppe Topographie werden keine Drahtzeichnungen versteckt, sondern unter dem Thermoplast sind Formen und Steine verborgen. Dreht man das Stück um, offenbart sich, welche Form oder welcher Stein die auf der Vorderseite sichtbare Verformung bewirkt hat. Wie die Erdoberfläche weist das Schmuckstück Vertiefungen auf und erhielt — so wie im Laufe der Zeit auch die Landschaft — seine Form durch Wärmeeinwirkung.
Der Schmuck aus der Serie Topographie wird an einem einfachen Schnürsenkel um den Hals getragen. Bei der Serie Klang dienen Restmaterialien als Kette. Andere Serien haben eine ruhige, gehämmerte Kette, und bei manchen Arbeiten fügt der Verschluss sich nahtlos in die Gesamtform. So hat jeder Anhänger in Iris Bodemers Serien eine passende, charakteristische Kette zum Tragen.
Zwischen den Dimensionen
Gegenüberstellung: Zwei Elemente, wie wir sie häufig in Iris Bodemers Werk antreffen, werden einander gegenübergestellt, wie im Titel angekündigt. Eine ebene Fläche mit einfacher Form trifft auf lockere dreidimensionale Drahtzeichnungen. Spielerisch und streng, lose und fest, flach und skulptural, leicht und schwer: Diese Arbeiten sind beides.
In Konstruktion lösen Iris Bodemers 3D-Zeichnungen sich vom ebenen Untergrund und formieren sich zu einer kleinen Skulptur. Die Arbeit kann als Objekt aufgestellt werden, ist aber als Schmuckarbeit intendiert. Eingehakt in eine lange Kette, ist sie Halsschmuck und Skulptur in einem — eine dreidimensionale Zeichnung für den dreidimensionalen Körper.
Die Einheit jeder Werkgruppe ist für die Künstlerin von großer Bedeutung. Jede einzelne Arbeit vermehrt die Kraft der anderen Arbeiten. Das ist auch der Grund, warum Iris Bodemer eine Serie nicht bis ins Letzte mit Variationen ausreizt. Gegenüberstellung zum Beispiel ist eine in sich abgerundete Werkgruppe aus fünf Anhängern: Die flächigen Komponenten der einzelnen Anhänger haben alle eine andere Form, und auch die dreidimensionalen Komponenten sind unterschiedlich ausgestaltet. Inzwischen ist Iris Bodemer gedanklich schon wieder mit Ideen beschäftigt, die sie später ins Werk setzen wird — in einem endlosen Kreislauf aus Verarbeiten, Skizzieren, Experimentieren, Machen und neuerlichem Verarbeiten, aus dem immer neue Schmuckstücke entstehen.
Jade Kerste, Art Mediation, 2020
Aus dem Englischen von Andreas Bredenfeld |
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